Im Studium hatten wir ein Spiel, um Vorlesungen kurzweiliger zu gestalten. Es war im Prinzip das gleiche wie „Buzzword-Bingo“, auch wenn wir einen politisch etwas unkorrekteren Namen dafür gewählt hatten. Jeder von uns hatte im Vorfeld fünf Fachbegriffe aufgeschrieben, bei denen er davon ausging, dass sie vom Vortragenden genutzt werden. Häufig gewählte Begriffe waren etwa „Empirie“, „Morphemik“ oder auch „retardierendes Moment“. In einem Germanistik-Studium gehört das zum Grundvokabular eines jeden Dozenten. Und ich kann Ihnen sagen, unsere Aufmerksamkeit war in diesen Vorlesungen am höchsten.
Auch die Immobilienwirtschaft braucht sich beim Thema Buzzword-Bingo nicht zu verstecken. Die üblichen Begriffe variieren zwar je nach Themenlage, doch wohnt ihnen allen der gleiche Grundgedanke inne. Man will sein Fachwissen darstellen. Aus diesem Grund benutzen wir konstant Begriffe wie „Yield Pressure“, „Core-Lage“ oder „CapEx“. Diese Fachtermini muss ich zuhause immer ablegen, sonst führt das schnell zu Augenrollen. Man spricht eben doch mit einer anderen Sprache, je nachdem, wo man sich beruflich bewegt.
In der Pressearbeit ist dieses Buzzword-Bingo aber fehl am Platz. Natürlich kennen Fachjournalisten die üblichen Vokabeln, doch können sie diese für ihre Arbeit nicht verwenden – zumindest nicht in den Tages- und Wirtschaftsmedien, die für viele Unternehmen relevant sind. Schließlich kennen ihre Leser diese Begriffe nicht. Sinnvoller ist es also, allgemeinverständliche Übersetzungen zu finden. Aus Yield Pressure wird Renditedruck, aus Core-Lage wird innerstädtisch (streitbar, ich weiß) und aus CapEx werden Investitionsausgaben (oder Instandhaltungsausgaben, je nach Einsatzgebiet). Eigentlich simpel, oder?
Nun ist dieses „Code-Switching“, wie es Linguisten nennen, nicht immer einfach. Schließlich sind wir es gewohnt, in unserem Alltag passende Begriffe zu verwenden. Diese hat sich unsere Branche in ihrer sprachlichen Evolution auch hart erarbeitet. Aber es gibt einen guten Grund, warum Immobilienprofis im Umgang mit Medienvertretern auf „Umgangssprache“ setzen sollten. Fachbegriffe führen nämlich häufig zu Missverständnissen, insbesondere im Dialog mit der Öffentlichkeit. Und Missverständnisse sollten wir in solchen Gesprächssituationen, die uns eine hohe Reichweite sichern, nun wirklich nicht wollen. „Yield Pressure“ wird schließlich von uns anders betrachtet als von kritischen Journalisten, die daraus eine Mietensteigerung schlussfolgern.
Hinzu kommt noch ein Kommunikationsphänomen, das vielen nicht bewusst ist. Menschen neigen dazu, bei einer inhaltlichen Überforderung nicht nachzufragen. Bei Verständnisproblemen reagieren die meisten Empfänger einer Botschaft also unbeeindruckt – ganz anders als etwa bei einer inhaltlichen Unterforderung. Man merkt es also oft nicht einmal, ob der Gegenüber die Nachricht auch wirklich versteht. In Pressegesprächen ist dieser Aspekt genauso relevant wie in der Kundenansprache und der internen Kommunikation. Schließlich müssen wir hier sicherstellen können, dass unsere Botschaft auch wirklich ankommt.
Meinen Kunden gebe ich deswegen stets einen Tipp. „Wenn ich es verstehe, dann verstehen es auch die Journalisten.“ Und damit meine ich mich persönlich, sozusagen als inhaltlicher Gradmesser für Inhalte. Kommunikatoren, ganz gleich ob externe oder interne, müssen diese Rolle in ihrem beruflichen Alltag einnehmen. Sollte es in Briefing-Gesprächen zum Buzzword-Bingo kommen, müssen sie darauf pochen, eine Botschaft verständlicher zu formulieren. Das kann auch für andere Zielgruppen genutzt werden, sei es nun die Öffentlichkeit, potenzielle Kunden, Nutzer oder auch die eigene Familie.
Buzzword-Bingo macht durchaus Sinn, sollte sich aber auf Branchengespräche beschränken. Dann gibt es zuhause auch weniger Augenrollen.